Dienstag, 29. Oktober 2013

Die Quasselstrippe ist zurück!!!

Die kleine Quasselschnute der Beere stand ja vor dem MHH-Aufenthalt eigentlich nie still - zumindest nach 10 Uhr morgens, dann wurde aber mit wachsender Begeisterung gequatscht (oder auch "lautiert" wie es der Fachmann ausdrücken würde). Ich weiß gar nicht, ob wir das schon so genau erklärt hatten, aber seit der Anlage des Tracheostomas kann man die Stimme der Mausi nicht mehr hören - selbst wenn sie weint hört man keinen Ton. Das ist ganz normal, denn zur Erzeugung der Stimme muss die Atemluft an den Stimmbändern vorbei. Wenn man ein Tracheostoma hat, geht die Atemluft aber direkt durch die Trachealkanüle, ergo kommt nix mehr an den Stimmbändern an.
Natürlich sollen Leute mit Tracheostoma nicht zu ewigem Schweigen verdonnert werden, daher gibt es einige schlaue Erfindungen, die das Sprechen ermöglichen. Zum Beispiel gibt es sogenannte Sprechventile, die anstatt der feuchten Nase auf die Trachealkanüle gesetzt werden. Das Prinzip ist recht einfach: im Sprechventil ist eine Membran, die beim Einatmen die Luft durchlässt, beim Ausatmen aber dicht macht. Dadurch muss sich beim Ausatmen die Luft einen anderen Weg suchen und geht an der Trachealkanüle vorbei den natürlichen Weg an den Stimmbändern vorbei und durch die (natürliche) Nase nach draußen. Damit das funktioniert muss natürlich genug Platz neben der Trachealkanüle sein, ansonsten kann es verständlicherweise zu argen Schwierigkeiten kommen. Unsere Hilfsmittel-Versorgungsfirma hat uns zur Probe mal ein solches Sprechventil (interessanterweise in LILA!!!) mit ins Rundum-Sorglos-Paket gepackt, wobei wir erst ärztlichen Rat einholen sollten, ob das bei der Beere Verwendung finden darf.
Wie es immer so ist, gab es sehr unterschiedliche Meinungen dazu. Hier sind einige Argumente dafür und dagegen, die wir gehört haben:

Pro:
  • Stimme wird hörbar!!!
  • Ganz eindeutig: positive Auswirkung auf die Sprachentwicklung
  • Die natürlichere Ausatmung verbessert die Mundmotorik und somit auch die Schluckfunktion
  • Kräftigung der Atemmuskulatur durch "schwerere" Ausatmung

Kontra:
  • Atmung wird anstrengender
  • Bei Kindern, die noch nicht sprechen unnötig
  • Funktioniert nicht, wenn das Kind nicht "gezielt" die Atmung dafür steuern kann
  • Problematisch bei starker Verschleimung oder sonstigen Verengungen
  • Tracheostoma soll nur kurze Zeit liegen, daher unnötige Belastung
Tja, was also tun? Wir sind ja von Natur aus neugierig und die Vorteile schienen uns doch ganz reizvoll. Daher haben wir uns entschieden, das Teil einfach mal auszuprobieren. Am Wochenende haben wir einen Moment abgewartet, an dem die Beere an sich schon sehr schön ruhig geatmet hat und einfach mal für ein paar Minuten (natürlich unter genauer Beobachtung) das Sprechventil auf die Trachealkanüle gesetzt. Danach haben wir es erstmal wieder abgenommen, um zu gucken, ob die Beere auch genügend ausatmen konnte. Falls es beim Abnehmen des Ventils zum Beispiel gepufft hätte, wäre nicht genug Atemluft wieder rausgekommen.
Der Test war ein voller Erfolg! Die Beere hat super entspannt geatmet und es hat auch beim Abnehmen des Ventils nicht gepufft. Da sie sich erstmal beschweren musste, kamen wir gleich seit Wochen zum ersten Mal wieder in den Genuss der Beeren-Stimme (war etwas gemein: das Kind weint und Mama und Papa stehen fasziniert daneben und hören sich das Schauspiel an ohne zu trösten...). Sie hatte zwar nicht die alte Lautstärke und hörte sich ein wenig nach kaputtem Radio an, aber es war ihre Stimme!!! Herrlich!!!
Ein weiterer positiver Effekt war, dass sich in der Trachealkanüle beim Tragen des Sprechventils bei der Mausi überhaupt kein Schleim angesammelt hat. Im normalen "Betrieb" mit der feuchten Nase fängt es ja manchmal schon nach ein paar Minuten wieder an, in der Kanüle zu rasseln und zu brodeln, weil einfach beim Ausatmen alles was sonst hochgehustet wird darin landet. Mit dem Sprechventil scheint alles wieder natürlichere Wege zu gehen. Zudem wirkte das Kind mit dem Ventil viel entspannter und aufmerksamer, als wenn ihr die Atmung damit leichter fällt. Wir sind auf jeden Fall begeistert und werden es zumindest tagsüber weiter probieren. Nachts gibt es wieder die feuchte Nase mit der Kitzelspur Sauerstoff, die die Beere sich immer noch gönnt.
Hier sind mal ein paar Fotos für eine bessere Vorstellung des Teils:

Mäuse im Zwiegespräch - die Beere mit lila Sprechventil!

Das Sprechventil in voller Schönheit.

Anders als bei der feuchten Nase kommt beim Sprechventil die Atemluft ungefiltert in die Lunge. Daher ist es zum Schutz sinnvoll, ein Halstuch als Filter zu verwenden. Die Garderobe der Beere erweitert sich also um eine Ansammlung dieser modischen Accessoires.

Die modebewusste junge Dame geht nicht ohne schickes Halstuch!

1 Kommentar:

  1. Schön, dass eure Beere so super mit dem Sprechventil zurecht kommt.
    Erinner mich ungern an meine kurze Zeit mit Tracheostoma... Sprechkanüle ging gar nicht... Da wurde dann kurzer Hand das gesamte Tracheostoma entfernt.... Aber war nicht weiter kritisch.

    Es freut mich auch zu lesen, dass ich die schwierige & anstrengende Krankenhauszeit gut überstanden habt!

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